2. Kapitel
Das Steuerkreiskonzept




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2.1
Das Problem


2.2
Das Lösungs-
konzept

2.3
Beispiel:
Dualzahlen-
multiplikation


2.3 Beispiel: Dualzahlenmultiplikation

2.3.1 Die Einbindung des Multiplizierers in seine Umgebung

Die Schnittstelle zwischen dem Multiplikationssystem und seiner Umgebung besteht aus fünf Kanälen. Drei davon sind Operationskanäle, nämlich die Kanäle für die beiden Faktoren a und b und der Kanal für das Produkt a×b; die restlichen beiden Kanäle sind Steuerungskanäle, die der Kommunikation über die zeitliche Verfügbarkeit der beiden Faktoren und des Produktes dienen.


Die beiden Faktoren werden von der Umgebung jeweils als m-stellige Dualzahlen angeboten, die der Multiplizierer im zugehörigen Verfügbarkeitsintervall zur Kenntnis nehmen muss, und das Produkt wird vom Multiplizierer als 2m-stellige Dualzahl angeboten, die von der Umgebung im zugehörigen Verfügbarkeitsintervall zur Kenntnis genommen werden kann. Die beiden Verfügbarkeitsintervalle werden durch die jeweiligen Flanken der beiden Binärsignale sync-ein und sync-aus festgelegt. Der Zusammenhang zwischen diesen beiden Binärsignalen und den Grenzen der beiden Verfügbarkeitsintervalle ist oben in Form eines kommentierten Impulsdiagramms und rechts in Form eines Ablaufplans dargestellt.


2.3.2 Der Multiplikationsalgorithmus

Die Herleitung eines Algorithmus für die Dualzahlenmultiplikation beginnt man am besten mit einer Dezimalzahlenmultiplikation in der schriftlichen Form, wie man sie bereits in der Grundschule lernt. Ein solches Beispiel findet man im linken Feld der untenstehenden Darstellung. Im mittleren Feld ist die gleiche Multiplikation noch einmal dargestellt, aber nun in einer Form, die den Algorithmus der Multiplikation deutlicher erkennen lässt. Dieser Algorithmus gibt an, wie der Inhalt der dick umrandeten Speicherzelle schrittweise verändert wird, wobei die zeitliche Folge der Speicherbelegungen von oben nach unten dargestellt ist. Diese dick umrandete Speicherzelle ist gerade so groß, dass sie eine 2m-stellige Dezimalzahl fassen kann. Im vorliegenden Fall hat m den Wert drei, denn es werden zwei jeweils dreistellige Dezimalzahlen miteinander multipliziert. Da die dick umrandete Speicherzelle am Ende der Abwicklung des Algorithmus das 2m-stellige Produkt enthalten soll, umfasst sie im gegebenen Beispiel sechs Dezimalstellen.

Die Anfangsbelegung dieser Speicherzelle besteht aus dem Faktor a (grün dargestellt) in der linken Hälfte und m - also drei - Nullen in der rechten Häfte. Auf dem Weg zum endgültigen Produkt wird die Speicherzelle m-mal, also dreimal neu belegt, wobei jeweils ein Linksschiebeschritt und eine anschließende Addition erfolgen. Der eine Summand der jeweiligen Addition ist der nach links geschobene bisherige Inhalt der Speicherzelle, und der zweite Summand ist das Produkt der beim Schiebeschritt nach links herausfallenden Ziffer des Faktors a mit dem Faktor b.


Da der Algorithmus von der Zahlenbasis unabhängig ist, gilt er nicht nur für Zahlen mit der Basis 10, den sog. Dezimalzahlen, sondern für Zahlen mit beliebiger Basis, also auch für Zahlen mit der Basis 2, den sog. Dualzahlen. Deshalb kann das Schema, welches im mittleren Feld der Darstellung auf die Multiplikation zweier dreistelliger Dezimalzahlen angewandt wurde, im rechten Feld in unveränderter Form, nur mit anderem Inhalt, auf die Multiplikation zweier dreistelliger Dualzahlen angewandt werden. Aus diesem Schema folgen nun unmittelbar die erforderlichen Operationsakteure, die Verbindungen zwischen ihnen und der Ablaufplan für das Steuerwerk.

2.3.3 Aufbauplan (= Darstellung des Operationswerks) und Ablaufplan für das Steuerwerk

In diesem Schaltwerksaufbau findet man sechs Akteure:

(1) Ein Akteur muss die Schiebeaktion ausführen.

(2) Ein Akteur muss die beim Schieben links herausfallende Ziffer des Faktors a mit dem Faktor b multiplizieren. Im Unterschied zum Dezimalfall, wo die Multiplikation einer Ziffer des Faktors a mit dem Faktor b die Durchführung einer echten Berechnung erfordert, genügt im Dualfall eine Auswahl aus zwei Quellen. Denn entweder ist die Ziffer des Faktors a eine Eins, dann ist das Ergebnis der Multiplikation gleich dem Faktor b, oder die Ziffer ist eine Null, dann ist das Ergebnis der Multiplikation auch null.

(3) Ein Akteur muss addieren.

(4) Ein Akteur muss jeweils die nächste Belegung in die zentrale Speicherzelle, das sog. Arbeitsregister bringen, wobei der Steuerungsakteur angeben muss, welche von drei Alternativen genommen werden soll. Eine Alternative ist die Anfangsbelegung, bei der der Faktor a gespeichert wird; eine weitere Alternative ist das Ergebnis der Addition, und die dritte Alternative ist das endgültige Produkt, also der bisherige Inhalt des Arbeitsregisters.

(5) Ein Akteur muss den Faktor b zur Kenntnis nehmen und für die anschließende Berechnung des Produkts bereithalten.

(6) Ein Akteur muss die aus Schieben und Addieren bestehenden Rechenschritte zählen und den Steuerungsakteur informieren, wenn der letzte der m Rechenschritte ausgeführt ist.

Jede in diesem Schaltplan vorkommende Verbindungslinie symbolisiert eine oder mehrere Binärstellen. Der Fall, dass längs der Linie parallel mehrere Binärstellen fließen, ist durch einen Schrägstrich und die danebenstehende Angabe der Anzahl der Binärstellen - meistens m oder 2m - zum Ausdruck gebracht.

Links ist der Ablaufplan dargestellt, der dem Algorithmus der Multiplikation entpricht und der die Schnittstellenspezifikation des Steuerkreises mit seiner Umgebung erfüllt. Auf der Grundlage dieses Ablaufplans kann der Steuerungsakteur allerdings noch nicht realisiert werden. Dazu bedarf es noch der Entscheidung, welche Art von Schaltwerk der Steuerungsakteur sein soll; er kann nämlich wahlweise als getaktetes oder ungetaktetes Schaltwerk realisiert werden. Je nach Art des Schaltwerks muss die Form des Ablaufplans noch etwas modifiziert werden. Auf diese schaltwerkstheoretischen Details soll aber hier nicht näher eingangen werden, da sie für das Verständnis des Steuerkreiskonzepts nicht gebraucht werden.

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